16.07.2024 – Ein Konzert der Extraklasse
Ein Konzert der Extraklasse erfreute am Samstag die Gäste in der Kirche Maria Himmelfahrt in Nieder-Mörlen. Anderthalb Stunden lieferten Sänger und Bläser zweier Formationen ein fulminantes Klangerlebnis. Nachwuchssorgen? Nicht in Nieder-Mörlen.
VON PETRA IHM-FAHLE
Mit klopfendem Herzen geht Beate Schäfer aus dem Pfarrgemeindezentrum auf die katholische Kirche Maria Himmelfahrt zu. »Da ist man schon aufgeregt«, bekennt sie. Sie läuft in Gesellschaft der anderen Sängerinnen und Sänger des Chors Frohsinn Nieder-Mörlen, die nun das Gotteshaus von der Seite betreten. Konzentriert stellt sich die 60-köpfige Gruppe hinter dem Altar auf, davor nehmen rund 40 Musikerinnen und Musiker des Blasorchesters der Freiwilligen Feuerwehr Platz. Die Zuhörerbänke sind voll besetzt. Schon deutlich vor der Zeit sind viele Bürgerinnen und Bürger erwartungsvoll durch die Straßen geströmt, um die gemeinsame Darbietung zu genießen.
Bläser und Sänger bilden eine Einheit, die eine fulminante Darbietung liefert.
»Von Helden, Abenteuern und anderen Geschichten« lautet das Motto des Jahreskonzertes, dessen musikalische Leitung Sebastian Witzel innehat. »1492 – Conquest of Paradise« erklingt, das erste der zwölf Stücke. »Wir sind musikalisch in eine Zeit der großen Entdeckungen und Eroberungen eingetaucht«, sagt Robert Garmeister, der kenntnisreich moderiert.
Durch die Vielfalt der Stimmen, Bläser und Schlagzeuge – mal sind die Instrumente lieblich, mal schmeichelnd, mal imposant – ergibt sich ein wunderbarer Effekt. In Dörfern besteht oft das Problem, dass Chöre unter enormen Nachwuchssorgen leiden. Das ist in Nieder-Mörlen nicht der Fall, wie sich gleich zu Beginn zeigt; die Zahl der Mitwirkenden ist auffallend groß.
Das hat etwas damit zu tun, dass es ein Projektchor ist, der sich für mehrere Monate zusammenfand. Der Verein Frohsinn hatte für das ambitionierte Vorhaben vor geraumer Zeit Interessierte gesucht, die sich anschließen wollten, so wie Beate Schäfer. Wer wollte, durfte mitmachen.
Mit und ohne Chorerfahrung
»Bei dem Projektchor war das Besondere gewesen, genau das Ziel zu verfolgen, Leute mit und ohne Chorerfahrung zusammenzubringen«, erläutert Chorleiter Witzel. Zustande kam das rege Interesse durch ein Inserat in dieser Zeitung, durch persönliche Ansprache, durch die sozialen Netzwerke, Flyer und eine Info-Veranstaltung. Es hat sich gelohnt, wie die vielen Gänsehautmomente belegen.
Die Szenerie ist teilweise in buntes Licht getaucht, kunstvoll inszeniert von Jonas Traud. Gut ein Drittel des Programms singen und spielen beide Formationen zusammen, die anderen zwei Drittel bestreiten die Ensembles im Wechsel, temperamentvoll durch Witzel dirigiert.
Das Publikum ist begeistert und spendet viel Applaus.
Bekannte Stücke wie »Über den Wolken« von Reinhard Mey sind dabei, ebenso solche für geschulte Ohren wie »Shenandoah« von Frank Ti heli – und für jeden Geschmack bieten die Künstler etwas. Die dritte Strophe des letzten Stücks »An die Freude« singen die Gäste mit, zollen am Ende begeisterten stehenden Applaus.
»Wir hatten vor zwei Jahren das gemeinsame Jubiläumskonzert ›100 Jahre Frohsinn‹ und ›50 Jahre Blasorchester‹ schon mal gemacht. Da waren wir in einer kleineren Besetzung und haben uns schon mal ausprobiert. Das ist heute in dieser Besetzung ein Novum für Nieder-Mörlen«, sagt Chorleiter Witzel am Ende.
Wie Beate Schäfer schildert, wollte sie schon immer gerne singen. »Aber ich hatte immer so viel Arbeit und es hat nicht reingepasst. Und jetzt, wo ich Rentnerin bin, da kam mir das gerade gelegen. Zum Kennen lernen, einfach mal sehen, wie es in einem Chor ist, und es war ein Glücksfall.«
In der Gruppe inmitten des fulminanten Klangteppichs aus Gesang, Blasmusik und Schlaginstrumenten mitzumachen, empfand sie als sehr er greifend. »Ich glaube, dass ich dabeibleiben will«, sagt sie. Wie es aussieht, wird die Chortradition in Nieder-Mörlen weiterleben.
INFO - Sebastian Witzel
Im Bad Nauheimer Stadtteil Nieder-Mörlen leitet Sebastian Witzel den Chor Frohsinn, das Blasorchester der Freiwilligen Feuerwehr und das Jugendblasorchester. Bereits seit 2006 spielte er bei den Bläsern mit. Witzel ist 31 und stammt aus Wölfersheim, ist Lehrer für Musik und evangelische Religion an einem Gymnasium in Frankfurt. Mit seiner Familie lebt er seit einem Jahr in Nieder-Mörlen. Ihm
Text: Wetterauer Zeitung vom 16.07.2024
Bilder: Michael Stotz